Workshop

Entwicklungs(t)räume im Hochland. Die Konstituierung von Bergregionen als Räume internationaler Entwicklungszusammenarbeit seit 1945

Donnerstag, 27.02.2020 - Freitag, 28.02.2020

Entwicklungs(t)räume im Hochland. Die Konstituierung  von Bergregionen als Räume internationaler  Entwicklungszusammenarbeit seit 1945

The workshop is open to interested students and the general public.

Veranstaltende: Global Studies | Graduate School of the Arts and Humanities | Walter Benjamin Kolleg
Redner, Rednerin: Andrea Müller (Universität Bern) and Martin Breuer (Universität Bielefeld)
Datum: 27.02.2020 - 28.02.2020
Uhrzeit: 13:30 Uhr
Ort: A-119 | F-121
Universität Bern
Schanzeneckstrasse 1 | Lerchenweg 36
3012 Bern
Merkmale: Öffentlich
kostenlos

Workshop

Entwicklungs(t)räume im Hochland.
Die Konstituierung  von Bergregionen als Räume internationaler  Entwicklungszusammenarbeit seit 1945

Donnerstag: A-119, UniS, Schanzeneckstrasse 1, 3012 Bern, 13:30 – 19:00 Uhr
Freitag: F-121, Unitobler, Lerchenweg 36, 3012 Bern, 9:00 – 12:30 Uhr

Center for Global Studies

Workshopinhalt und Ziele

Andrea Müller (Universität Bern) und Martin Breuer (Universität Bielefeld)

Im Zuge der Regulierung und Institutionalisierung internationaler Entwicklungspolitik nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs analysierten staatliche und nichtstaatliche Akteure aus Europa und Nordamerika weite Gebiete in Afrika, Asien und Lateinamerika hinsichtlich ihres Entwicklungspotenzials. In breit angelegten Studien wurden Möglichkeiten und Hindernisse für zukünftige Entwicklungsprojekte definiert und dabei entlang (human)geographischer und geopolitischer Interpretationsmuster spezifische entwicklungspolitische Räume konstituiert. Diese entwicklungspolitischen Vermessungen der sogenannten Dritten Welt wurden dabei nicht alleine von internationalen, durch die USA und Europa dominierten Entwicklungsinstitutionen geprägt, sondern entstanden immer auch im Austausch mit – oftmals politisch und gesellschaftlich einflussreichen – regionalen und lokalen Akteuren. Die Beschreibungen der Gebiete und Menschen, die von Projekten in Bereichen wie zum Beispiel der Infrastruktur, Schul- oder Berufsbildung profitieren sollten, waren von kolonialen Denkmustern geprägt und oftmals blind für die Zusammenhänge lokaler politischer, sozialer und kultureller Gegebenheiten. Gleichzeitig transportierten sie auch spezifisches Wissen und konkrete Bilder der ‘unterentwickelten’ Weltregionen in die jeweiligen Herkunftsländer der Entwicklungsorganisationen zurück.

Unter dem Titel «Entwicklungs(t)räume im Hochland: Die Konstituierung von Bergregionen als Räume internationaler Entwicklungszusammenarbeit seit 1945» legt dieser Workshop den Fokus auf Bergregionen

– zum Beispiel die Anden, Zentralasien mit dem Himalaya, die Hochlandregionen Afrikas – als Ziel von entwicklungspolitischen Interventionen und fragt aus einer globalgeschichtlichen Perspektive, wie diese seit der Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts als spezifische Entwicklungsräume konzipiert wurden, auf deren Grundlage Entwicklungsprogramme aufgelegt und durchgeführt wurden. Aufgrund der Lage, Topographie sowie auch der Wirtschafts- und Gesellschaftsformen ihrer Bevölkerungen – so die Hypothese

–    galten Bergregionen einerseits als Räume mit begrenztem ökonomischem Entwicklungspotenzial, andererseits schrieben Entwicklungsplaner ihnen grosse politische Wichtigkeit zu. Gerade im Sinne einer angestrebten Stabilisierung der postkolonialen Nationalstaaten und der sozialpolitischen Kontrolle des „Hochlandes“ im Kontext des Kalten Krieges, weckte die Entwicklung der Bergregionen das Interesse der Entwicklungsorganisationen.

Unsere Forschungsarbeit hat gezeigt, dass Bergregionen spezifische entwicklungspolitische Verflechtungsräume darstellen, deren Analyse einen innovativen Beitrag zur historiographischen Forschung leisten kann. Verflechtungsprozesse innerhalb des Systems internationaler Entwicklungshilfe, Vergleiche sowie der Transfer und die Verflechtung von Ideen, Akteuren und Praktiken bei der Formulierung und Realisierung internationaler Entwicklungspolitik für Bergregionen stehen dabei im Zentrum. Diese Perspektive ermöglicht es, naturalisierende Deutungsmuster zu überwinden und die Geschichte internationaler Entwicklungspolitik in Bergregionen kritisch zu reflektieren. Theoretisch soll insbesondere das Konzept des Raumes (Verflechtungsräume), also die Auseinandersetzung mit dem spatial turn als Bezugsrahmen für die Veranstaltung dienen.

Konkrete Fragen, die der Workshop aufgreifen will, sind:

-    Welche entwicklungspolitischen Charakteristika wurden spezifischen Bergregionen zugeschrieben, welche Imaginarien von Natur und Kultur (re)produziert?
-    Welche spezifischen Projekte wurden angestoßen und wie waren diese konzipiert?
-    Welche Vergleiche wurden zwischen Bergregionen in den industrialisierten und nicht-industrialisierten Ländern gezogen?
-    Wie standen die Entwicklungsprojekte in Bergregionen mit dem nationalen Selbstverständnis in den sogenannten Geberländern in Verbindung?
-    Welche Beziehungen (Forschung, Projektarbeit) bestanden zwischen regionalen Akteuren und internationalen Institutionen und inwiefern prägten regionale Konzeptionen der Bergregionen diese mit?
-    Welche Vergleiche, Transfers und Verflechtungen bestanden zwischen der internationalen Entwicklungszusammenarbeit in den verschiedenen Bergregionen?
-    Welche historischen Kontinuitäten und Brüche lassen sich ausmachen, gerade in Hinblick auf den derzeitigen Diskurs einer nachhaltigen Entwicklungspolitik von Bergregionen, der eine Nutzbarmachung und gleichzeitige Erhaltung der natürlichen Ressourcen und Wasserreservoirs betont?

Um diese Fragen zu diskutieren vernetzt der Workshop Nachwuchswissenschaftler_innen, die sich mit der Geschichte der internationalen Entwicklungszusammenarbeit in Bergregionen befassen und eröffnet mit Beiträgen zu Afrika, Asien und Lateinamerika eine globalgeschichtliche Perspektive. 

Kontakt: andrea.h.mueller@unibe.ch

Quelle:

OIT Galería de Fotos, http://www.lim.ilo.org/fotos/