Ein zentraler Gegenstand der Vergleichenden Psychologie ist die Frage, was den Menschen zum Menschen macht. Die Beantwortung dieser Frage ist eng mit der Erforschung unserer nächsten Verwandten, den nichtmenschlichen Primaten, verknüpft. Durch den Vergleich des Menschen mit anderen Primaten wird untersucht, welche kommunikativen und kognitiven Eigenschaften nur für den Menschen charakteristisch sind und welche dieser Merkmale wir mit anderen Arten teilen. Diese Forschung ist faszinierend und widersprüchlich zugleich: Viele der bisher als einzigartig menschlichen bezeichneten Verhaltensweisen wurden inzwischen auch bei Affen nachgewiesen. Auf der anderen Seite stellt menschliches Verhalten den Ausgangs- und Referenzpunkt für diesen Artvergleich dar. Dieser Anthropomorphismus ist problematisch, da bestimmte menschliche Verhaltensmuster oft unreflektiert auf andere Primaten übertragen werden, auf der anderen Seite aber eine gefundene Ähnlichkeit in der Form eines Verhaltens nicht zwangsläufig eine Übereinstimmung in dessen Funktion bedeutet. In diesem Vortrag wird der vergleichende Ansatz anhand einiger Beispiele zur Kommunikation von Menschen und Menschenaffen vorgestellt, und es werden Probleme bei der objektiven Beschreibung des Verhaltens anderer Arten diskutiert. Dabei steht die Rolle des Forschers und seine Beziehung zum Affen, seinem Forschungsgegenstand, im Mittelpunkt.
Einzigartig menschlich?
Eine artvergleichende Perspektive.
Prof. Dr. Katja Liebal, Freie Universität Berlin
Datum: 18.10.2013
Zeit: 18:15 - 19:45 Uhr
Ort: Universität Bern, Unitobler, Lerchenweg 36, Raum F-122
Katja Liebal ist seit 2009 Juniorprofessorin für Evolutionäre Psychologie im Forschungscluster Languages of Emotion an der Freien Universität. Nach ihrer Doktorarbeit am Max-Planck-Institut für Evolutionäre Anthropologie in Leipzig arbeitete sie an der University of Portsmouth in Großbritannien. Forschungsschwerpunkte bilden die gestische und mimische Kommunikation von Menschenaffen und Kleinkindern, Empathie und Sympathie als Motivation für prosoziales Handeln und das Teilen von Nahrungsressourcen im Art- und Kulturvergleich. Ein aktuelles Forschungsvorhaben ist das gemeinsam mit Prof. Dr. Oliver Lubrich (Universität Bern) und Dr. Thomas Stodulka (Freie Universität Berlin) geleitete interdisziplinäre Projekt Die Affekte der Forscher, welches durch die VolkswagenStiftung gefördert wird.