Aisthesis: Wahrnehmungsprozesse und Wahrnehmungskontexte
Prof. Dr. Christoph Wagner, Universität Regensburg
Während der pictorial turn uns gelehrt hat, dass Bilder mehr sind als Quellen, Zeichen oder reine Illustrationen, fehlt es bislang an einem genaueren Verständnis ihrer spezifischen Funktionen und den kognitiven Leistungen, die ihre Betrachtung erfordern. Zwischen Fakt und Artefakt sind die Erzeugnisse bildgebender Verfahren keine Abbildungen, sondern Konstruktionen der Wirklichkeit. Die Unterschiedlichkeit wissenschaftlicher Sichtbarmachung, die Abhängigkeit der bildgebenden von den informationsgebenden Verfahren wirft dabei die Frage nach den Differenzen zur künstlerischen Bildwerdung auf. Die Eigendynamik von Bildern verlangt danach, nicht allein das physisch umgrenzte Bild zu verhandeln, sondern die kognitive und emotionale Auseinandersetzung mit Wahrnehmung zu fokussieren. Die Analyse von komplexen Bildern fragt danach, wie visuelle Aufmerksamkeit und neuronale Informationsverarbeitung als beschreibbare Prozesse zu fassen sind: Lässt sich die explizite Expertise des Künstlerwissens mit einer naturwissenschaftlichen Auffassung über die visuelle Wahrnehmung in Einklang bringen? Das Seminar führt in Fallstudien in die Geschichte der Wahrnehmung und in die Probleme, Methoden und Perspektiven der modernen Wahrnehmungsanalyse von Kunstwerken ein.
Datum: 5. November 2010
Zeit: 9:15 - 12:30 | 15:00 - 18:50 Uhr
Ort: Seminarraum A 301, Schanzeneckstrasse 1, Universität Bern
Datum: 6. Dezember 2010
Zeit: 9:15 - 12:30 | 13:30 - 14:45 Uhr
Ort: Seminarraum A 301, Schanzeneckstrasse 1, Universität Bern
Christoph Wagner
Christoph Wagner ist seit 2007 Ordinarius auf dem Lehrstuhl für Kunstgeschichte an der Universität Regensburg und seit 2009 gewähltes Mitglied der Academia Europaea (London). Studium in Saarbrücken, München und Wien. 1993 Promotion. 1996 Preis der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz. 2004 Habilitation. 2008 Directeur d’études an der Ecole Pratique des Hautes Etudes (Sorbonne, Paris) und Mitglied im Elitenetzwerk Bayern. Zahlreiche Publikationen zur Kunst und Kunsttheorie der Neuzeit und der Moderne: Farbe und Metapher (1999); Johannes Itten (2002); Das Bauhaus und die Esoterik (2005); Regensburger Studien zur Kunstgeschichte; Bd. 1-14 (2008ff.); Itten, Gropius, Klee am Bauhaus in Weimar. Utopie und historischer Kontext (2010).