Walter Benjamin Kolleg

Medialität/Intermedialität

Donnerstag, 17.05.2018, 18:15 Uhr

Prof. Dr. Uwe Wirth, Literatur- und Kulturwissenschaft, Justus-Liebig-Universität

Öffentlicher Vortrag im Rahmen der Reihe Interdisziplinäre Vorlesungen und Kolloquien zu Schlüsselkonzepten der Geistes- und Sozialwissenschaften des Doktoratsprogramms Interdisciplinary Cultural Studies.

Veranstaltende: Interdisciplinary Cultural Studies | Graduate School of the Humanities | Walter Benjamin Kolleg
Redner, Rednerin: Prof. Dr. Uwe Wirth, Literatur- und Kulturwissenschaft, Justus-Liebig-Universität
Datum: 17.05.2018
Uhrzeit: 18:15 - 19:30 Uhr
Ort: F013
Unitobler
Lerchenweg 36
Bern
Merkmale: Öffentlich
kostenlos

Medialität/Intermedialität

Pfropfen als Medien-Kultur-Technik

(öffentlicher Vortrag)

"Écrire veut dire greffer. C´est le même mot", schreibt Jacques Derrida in seinem 1972 erschienen Band La Dissemination – und führt damit nicht nur eine kühne Metapher ein, sondern stellt auch eine provokante These auf, nämlich dass die Agrikulturtechnik der Aufpfropfung, die im Obst- und Weinbau seit der Antike praktiziert wird, Ähnlichkeiten mit der Medientechnik des Schreibens und der Schrift hat. In meinem Vortrag soll den Implikationen dieser Metapher nachgegangen werden, um sie explizit zu machen. Implizit bewegen wir uns schon seit längerem im Paradigma der Pfropfung, nämlich immer dann, wenn wir uns der Textverarbeitungsfunktion des "cut and paste" bedienen. Schneiden und Kleben stehen hier für zwei, mit Antoine Compagnon zu sprechen, "archaische Gesten", die zu digitalen Medientechniken moduliert wurden, welche eine Operation ausführen, die man im Anschluss an Derrida als "zitationelle Aufpfropfung" bezeichnen kann. Der Vortrag soll die Frage aufwerfen, welche Formen und Funktionen derartige mediale Pfropfungen annehmen können.

Prof. Dr. Uwe Wirth

Uwe Wirth ist Professor für Neuere deutsche Literatur und Kulturwissenschaft an der Liebig-Universität Gießen. Von 2005 bis 2007 war er wissenschaftlicher Geschäftsführer am Zentrum für Literatur- und Kulturforschung, Berlin. Er studierte in Heidelberg, Frankfurt am Main und Berkeley. Promotion und Habilitation an der Goethe-Universität Frankfurt. Zu seinen Forschungsschwerpunkten und –interessen zählen Semiotik, Performanz- und Rahmentheorie, die Auseinandersetzung mit Paratexten und philologisch informierter Schreibprozessforschung, aber auch mit Phänomenen des Komischen und Praktiken des Dilettantismus. Seit einigen Jahren forscht er zur Konzeptmetapher der "Pfropfung" und arbeitet zur Zeit an einer "allgemeinen Greffologie". Auswahl an Publikationen: Performanz. Von der Sprachphilosophie zu den Kulturwissenschaften (Frankfurt: Suhrkamp 2002); Die Geburt des Autors aus dem Geist der Herausgeberfiktion. Editoriale Rahmung im Roman um 1800: Wieland, Goethe, Brentano, Jean Paul und E.T.A. Hoffmann (München: Fink 2008); Kulturwissenschaft. Eine Auswahl grundlegender Texte (Frankfurt: Suhrkamp 2008); gemeinsam mit Anne Bohnenkamp, Kai Bremer und Irmgard Wirtz: Konjektur und Krux. Zur Methodenpolitik der Philologie (Göttingen: Wallstein 2010); Impfen, Pfropfen, Transplantieren (Berlin: Kadmos 2011); Rahmenbrüche, Rahmenwechsel (Berlin: Kadmos 2013); gemeinsam mit Ottmar Ettte: Nach der Hybridität. Zukünfte der Kulturtheorie, Berlin: Frey 2014

Kolloquium

Prof. Dr. Uwe Wirth (Literatur- und Kulturwissenschaft, Justus-Liebig-Universität)
Prof. Dr. Gabriele Rippl (Literatures in English/North American Studies, Universität Bern)

Datum: 18.05. 2018
Zeit: 10:15 - 17:00 Uhr
Raum: Universität Bern, Unitobler, Lerchenweg 36, Raum F-112
ECTS: 1.5 (Pflichtbereich ICS / Wahlpflichtbereich SLS und GS / Modul I GSA)

Für Doktorierende und fortgeschrittene Masterstudierende der Universität Bern
Das Kolloquium besteht aus zwei Teilen: Zunächst werden auf Grundlage des Vortrages und der Lektüre verschiedene Aspekte, Ansätze und Perspektiven von ‚Intermedialität’ diskutiert und einander gegenübergestellt. Daraufhin haben ReferentInnen im zweiten Teil die Möglichkeit, in Kurzreferaten (max. 20 Min.) Fallbeispiele aus ihren Forschungsprojekten in Verbindung mit dem Kernkonzept, dem Vortrag und den Pflichttexten zu setzen und zur Diskussion zu stellen. In einem interdisziplinären Austausch soll auf diese Weise die kritische Auseinandersetzung mit dem Konzept ‚Intermedialität’ und verwandter Konzepte für die jeweiligen Forschungsarbeiten fruchtbar gemacht werden.

Pflichtlektüre

  • Wirth, Uwe 2007: Intermedialität. In: Anz, Thomas (Hrsg.): Handbuch Literaturwissenschaft. Gegenstände – Konzepte – Institutionen. Stuttgart: Metzler, S. 254-264.
  • Latour, Bruno 2006: Drawing Things Together. Die Macht der unveränderlich mobilen Elemente. In: Andréa Belliger/David J. Krieger (Hg.): ANThology. Ein einführendes Handbuch zur Akteur-Netzwerk-Theorie. Bielefeld: transcript, S. 259-307.
  • Derrida, Jacques 2001: Signatur Ereignis Kontext. In: Ders.: Limited Inc. Herausgegeben von Peter Engelmann. Wien: Passagen Verlag, S. 15-46

Anmeldungen (Kolloquium) gerne bis am 25.04. an:  toggweiler@wbkolleg.unibe.ch