Schlüsselkonzepte der Geistes- und Sozialwissenschaften - Mythos

Inflation der Mythen? zur Vernetzung und Stabilität eines modernen Phänomens

Donnerstag, 17.03.2016, 18:15 Uhr

Prof. Dr. Stephanie Wodianka, Universität Rostock

Öffentlicher Vortrag im Rahmen der Reihe Interdisziplinäre Vorlesungen und Kolloquien zu Schlüsselkonzepten der Geistes- und Sozialwissenschaften des Doktoratsprogramms Interdisciplinary Cultural Studies.

Veranstaltende: Interdisciplinary Cultural Studies | Graduate School of the Humanities | Walter Benjamin Kolleg -- in Kooperation mit dem Chair of Literatures in English/North American Literature and Culture, Department of English
Redner, Rednerin: Prof. Dr. Stephanie Wodianka, Universität Rostock
Datum: 17.03.2016
Uhrzeit: 18:15 - 19:30 Uhr
Ort: F013
Unitobler
Lerchenweg 36
3012 Bern
Merkmale: Öffentlich
kostenlos

Inflation der Mythen? Zur Vernetzung und Stabilität eines modernen Phänomens

Der Vortrag setzt sich zum Ziel, das Mythische in der Moderne nicht nur als inflationäres Phänomen zu betrachten, sondern den Fokus auf seine Haltbarkeit zu legen. Die Vernetzungsstrukturen moderner Mythen untereinander sowie ihre mögliche Kanonisierung wurden bisher kaum ins Blickfeld der Forschung gerückt.  Doch wie verhält sich die scheinbare Inflation des Mythischen in der Moderne zu dessen Kristallisationen und Konjunkturen bis hin zur Dauerhaftigkeit? Bedürfen moderne Mythen eigentlich der Kanonisierung (in welchem Sinne) und wenn ja, welche Institutionen, Medien, Diskurse, ästhetische Strategien oder historische Konstellationen tragen dazu bei?

Damit verbunden ist das Interesse an den Verbindungen und Zusammenhängen zwischen Mythen der Moderne. Lassen sich Cluster mythischer Erzählungen ausmachen, die sich wechselseitig stabilisieren, gibt es Mythenkomplexe, in denen sich mythische Figuren, Orte, Ereignisse, Konzepte, Dinge kristallisierend binden? Ist das Mythische in der Moderne durch Verweisstrukturen geprägt, die damit etwa die familiären Verflechtungen antiker mythischer Figuren und Orte der Antike imitieren oder kompensieren?

Der Vortrag will vor dem Hintergrund mythentheoretischer Überlegungen Belief System, Metamythos und Choralität als Stabilisierungsfaktoren des Mythischen in der Moderne aufzeigen.

Stephanie Wodianka

Stephanie Wofianka ist Lehrstuhlinhaberin für Französische und Italienische Literaturwissenschaft an der Universität Rostock und Sprecherin des DFG-Graduierten-kollegs „Kulturkontakt und Wissenschaftsdiskurs“. Einschlägige Publikationen zum Thema des Workshops: Hg. zus. mit Juliane Ebert: Metzler Lexikon moderner Mythen (2014); Zwischen Mythos und Geschichte. Ästhetik, Medialität und Kulturspezifik der Mittelalterkonjunktur (2009); Hg., gemeinsam mit Dietmar Rieger: Mythosaktualisierungen. Tradierungs- und Generierungspotentiale einer alten Erinnerungsform (2006); Hg., gemeinsam mit Astrid Erll: Film und kulturelle Erinnerung: plurimediale Konstellationen (2008); Hg., gemeinsam mit Klaudia Knabel u. Dietmar Rieger: Nationale Mythen – kollektive Symbole. Funktionen, Konstruktionen und Medien der Erinnerung (2005). Ein Band zum Thema des Vortrags (hg., zusammen mit Juliane Ebert) erscheint Anfang April 2016. Weitere Forschungsschwerpunkte sind die Betrachtungsliteratur der Frühen Neuzeit (s. Betrachtungen des Todes. Formen und Funktionen der meditatio mortis in der europäischen Literatur des 17. Jahrhunderts, 2004), Kulturkontaktforschung (s. Hg., Chaos in the Contact Zone: Unpredictability, Improvisation and the Struggle for Control", erscheint bei transcript 2016) und die kulturhistorischen Semantiken europäischer Verortungen (s. Hg., gemeinsam mit Sebastian Neumeister: Localisations de l'Europe: sémiotiques culturelles des points cardinaux (Toulon 2016, im Erscheinen)
 

Kolloquium Mythos

Prof. Dr. Stephanie Wodianka, Universität Rostock
Prof. Dr. Gabriele Rippl, Universität Bern
Matthias Berger M.A., Universität Bern, Organisation und Kontakt

Datum: 18. März 2016
Zeit: 10:15 - 12:30 / 14:00 - 17:00 Uhr
Ort: Universität Bern, Unitobler, Lerchenweg 36, Raum F012

Für Doktorierende und fortgeschrittene Masterstudierende der Universität Bern

Das Kolloquium besteht aus zwei Teilen: Zunächst werden auf Grundlage des Vortrages und der Lektüre verschiedene Aspekte, Ansätze und Perspektiven von ‚Mythos/Mythen diskutiert und einander gegenübergestellt. Daraufhin haben ReferentInnen im zweiten Teil die Möglichkeit, in Kurzreferaten (max. 20 Min.) Fallbeispiele aus ihren Forschungsprojekten in Verbindung mit dem Kernkonzept zu setzen und zur Diskussion zu stellen. In einem interdisziplinären Austausch soll auf diese Weise die kritische Auseinandersetzung mit dem Konzept ‚Mythos/Mythen’ für die jeweiligen Forschungsarbeiten fruchtbar gemacht werden.

Gabriele Rippl

Prof. Dr. Gabriele Rippl studierte in Konstanz und Bristol/UK Anglistik und Germanistik. Nach der Promotion und Habilitation in Konstanz war sie von 2003–2005 Lehrstuhlinhaberin für Englische Literaturwissenschaft an der Universität Göttingen, 2005 wechselte sie an die Universität Bern, wo sie als Ordinaria für „Literaturen in englischer Sprache“ lehrt und forscht. Ihre Forschungsschwerpunkte sind: Angloamerikanische Literatur der Frühen Neuzeit, des 19. und 20. Jahrhunderts; Text-Bild-Beziehungen, Inter-/Medialitätstheorien, Historische Anthropologie der Medien, Auto-/Biographieforschung/Life Writing, Literatur- und Kulturtheorie, Gender Studies, Antikenkonstruktion/kulturelles Gedächtnis. Publikationen sind u.a.: Lebenstexte. Literarische Selbststilisierung englischer Frauen in der frühen Neuzeit (1998); Beschreibungs-Kunst. Zur intermedialen Poetik angloamerikanischer Ikontexte 1880-2000 (2005); Bilder. Ein (neues) Leitmedium? (2006; hg. mit T. Hoffmann); Arbeit am Gedächtnisses (2008; hg. mit M. Frank); Haunted Narratives: The Politics and Poetics of Identity Formation (2013; hg. mit P. Schweighauser et al.); Metzler-Handbuch Kanon und Wertung (2013; hg. mit S. Winko) sowie Handbook of Intermediality (2015; Hg.). Gabriele Rippl ist (Mit-)Herausgeberin der ANGLIA. Journal of English Philology, der ANGLIA Book Series sowie der Reihe Handbooks of English and American Studies: Text and Theory.

Anmeldung

Teilnahme am Kolloquium mit oder ohne Kurzreferat bis zum 20.02.2016 an: mike.toggweiler@unibe.ch

Anmeldung auch auf www.ksl.unibe.ch (Login mit UniBe-Account, Suche mit Titel, Semester, Anbieter: IASH). Anmeldung auf ILIAS für Pflichtlektüre.

Pflichtlektüre

Jäger, Ludwig 2006: Gedächtnis als Verfahren – zur transkriptiven Logik der Erinnerung. In: Stephanie Wodianka / Dietmar Rieger (Hrsg.): Mythosaktualisierungen. Tradierungs- und Generierungspotentiale einer alten Erinnerungsform. Berlin-New York: de Gruyter. S. 57-79.

Jünke, Claudia 2016 (forthcoming): Der Spanische Bürgerkrieg – Vernetzung und Haltbarkeit moderner Mythen am Beispiel eines Mythenkomplexes.